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Rene Pessler im Gespräch mit unterhaus.at |
unterhaus.at: Als das Spiel in Anthering zu Ende war, stand es beim SAK
ein paar Minuten vor dem Schlusspfiff auf einmal 2:2. Was haben Sie in dem
Moment gedacht, als der Meistertitel wieder in Gefahr war?
Rene Pessler: Ich habe an gar nichts gedacht. Ich habe nur
versucht, dass ich keine schlechten Gedanken habe, aber auch keine guten. Es ist
mir vorgekommen wie eine halbe Ewigkeit. Ganz kurz habe ich an die Szenen von
Schalke gedacht. Ich habe nicht gewusst, wie ich reagieren sollte, wenn der SAK
jetzt vielleicht doch noch den Siegtreffer schießt. Man hat gesehen, die
Anthering-Spieler sind alle am Boden zerstört gewesen. Unsere sind
herumgestanden, einige mit einem Handy in der Hand. Es war irgendwie ungut.
unterhaus.at: Dieses Jahr war für Grünau fantastisch. Der Verein ist mit
der Kampfmansnchaft und der 1b Meister geworden, in der Halle habt ihr den Stier
und die Landesmeisterschaft gewonnen. Zudem hat sich Youngster Christopher
Ruprecht die Torjägerkrone gesichert.
Pessler: Unser Sportlicher Leiter Hans Peter Bauer hat schon
gesagt, normalerweise muss er jetzt aufhören, weil es eigentlich keine
Steigerung mehr geben kann. Im Landescup waren wir auch im Halbfinale. Aber es
gibt immer neue Ziel und Steigerungen. Jetzt müssen wir schauen, dass wir in der
Regionalliga eine gute Figur abgeben und uns weiterentwickeln. Früher oder
später werden wir wieder Ziele haben, die wir auch erreichen können.
unterhaus.at: Sie haben sich in dieser Saison als Meister des
Understatements gegeben. Vor der Saison war der Meistertitel für Sie kein Thema,
vor der Rückrunde waren Ihrer Ansicht nach noch immer andere Vereine besser und
nach dem Leogang-Spiel hatten Sie den ersten Platz bereits abgeschrieben. Waren
diese Aussagen Taktik?
Pessler: Punkt eins ist: Hochmut kommt vor dem Fall. Das hat
bei mir immer gepasst. Also immer, wenn ich große Reden geschwungen habe, bin
ich auf den Mund gefallen. Und zweitens habe ich diese Aussagen immer ganz
ehrlich gemeint. Wir sind zwar als Favorit gestartet, aber wir haben viele neue
Spieler geholt. Es sind viele Junge gekommen. Für mich war die Favoritenrolle
nie so ganz klar wie für andere. Nach der Leogang-Partie waren wir vier Punkte
hinten, da hat eigentlich alles sehr gut für Eugendorf ausgesehen. Mit meinen
damaligen Aussagen wollte ich aber auch den Druck von der Mannschaft nehmen. Ich
glaube, es ist unser Erfolgsgeheimnis gewesen, dass der Druck nie da war. Auch
im letzten Spiel war das so. Der SAK hatte den Druck, er war Erster. Am Anfang
der Saison hatten wir den Druck und haben gleich zwei Mal kläglich versagt,
deswegen wollte ich der Mannschaft den Druck nehmen.
unterhaus.at: Vor der Saison war die Erwartungshaltung natürlich
riesengroß, weil Grünau für alle Experten der große Titelfavorit war. Sind Sie
nach dem schwachen Saisonstart nervös geworden?
Pessler: Ich habe schon gewusst, dass man Zeit braucht.
Nervös ist der falsche Ausdruck. Natürlich denkt man als Trainer nach: Was hat
man falsch gemacht? Was muss man ändern? Wir werden auch jetzt in der
Regionalliga ein, zwei Monate brauchen bis wir angekommen sind. Aber nervös kann
mich eigentlich nichts mehr machen. Ich habe schon genug erlebt in meinem Leben
- positive wie negative Sachen. Fußball ist nicht das Allerwichtigste. Ich habe
auch immer versucht, der Mannschaft keinen Druck aufzuerlegen, weil unter Druck
zu arbeiten ist immer schwierig.
unterhaus.at: Ist es für den Salzburger Fußball besser, dass Grünau
aufgestiegen ist, weil beim SAK die Mittel bekanntlich beschränkt sind?
Pessler: Was für den Salzburger Fußball besser ist, weiß ich
jetzt nicht. Auch wenn die Enttäuschung beim SAK jetzt sehr groß ist, glaube ich
trotzdem, dass es langfristig für den Verein besser ist. Es war sicherlich ein
Grund, warum ich den SAK im Sommer verlassen habe. SAK-Obmann Josef Penco hat
vor einem Jahr gesagt, und da steht er glaube ich heute noch dahinter, dass die
Regionalliga für den Klub noch nicht das Richtige ist. Wahrscheinlich sind die
Möglichkeiten bei Grünau größer. Es liegt aber auch immer daran was das
Trainerteam daraus macht. Ich möchte vor allem junge Spieler, die sehr gut
ausgebildet sind. Ich möchte ihnen die Möglichkeit geben, sich bei uns in Ruhe
weiterentwickeln zu können.
unterhaus.at: Blicken wir auf die neue Aufgabe Regionalliga West. Wo wird
sich Grünau Ihrer Meinung nach einreihen?
Pessler: Ich glaube, wenn wir Platz zehn erreichen, ist es
für den Verein schon sensationell. Ich weiß im Moment nicht genau wie stark die
Gegner sind. Ich weiß zum Beispiel nicht wie die Anifer Mannschaft in der
nächsten Saison aussieht. Auch Seekirchen und St. Johann sind derzeit nur schwer
einzuschätzen. Ich denke aber, die Vereine haben alle Regionalliga-Erfahrung und
haben uns natürlich etwas voraus. Wir wollen den Klassenerhalt schaffen, das ist
unser wichtigstes Ziel.
unterhaus.at: Wird man das Spielsystem ändern oder will man auch in der
Regionalliga offensiv agieren?
Pessler: Wir werden sicher ein bisschen umstellen müssen,
weil in der Salzburger Liga eigentlich immer wir das Spiel gemacht haben. Wir
haben es gegen die Austria gesehen. Wenn man mit so einem Gegner mitspielt, dann
wird das eiskalt bestraft. Wir werden in der nächsten Saison aber sicher nicht
hinten drinnen stehen und die Bälle hoch nach vorne schießen. Wenn man so
spielt, dann können sich die Spieler nicht weiterentwickeln. Ich will, dass wir
uns spielerisch befreien können und schnell nach vorne spielen. Wir müssen jetzt
schauen, dass wir körperlich so schnell wie möglich fit werden, sonst kann man
nicht bestehen in der Regionalliga.
unterhaus.at: Gegenüber den bestehenden Mannschaften in der Regionalliga
habt ihr als Aufsteiger natürlich einen großen Nachteil. Während die Westliga
schon Ende Mai beendet war, hat Grünau bis Mitte Juni spielen müssen. Wie kann
man diesen Nachteil aufholen?
Pessler: Wir werden die ersten 14 Tage sicher extrem
arbeiten. Wir werden auch nachher noch arbeiten. Wir brauchen sicher ein zwei,
zwei Monate. Wir werden es auch in Kauf nehmen, dass wir bei den ersten Spielen
nicht spritzig genug sind. Aber langfristig gesehen müssen wir eigentlich fast
vier Wochen Vollgas geben, sonst sind wir Kanonenfutter.
unterhaus.at: Was fehlt der Meistermannschaft, dass sie in der
Regionalliga mithalten kann?
Pessler: Wir brauchen nicht großartig viel ändern. Eine
klare Nummer eins, aber da haben wir mit Florian Kreuzwirth jetzt sicher den
richtigen Mann geholt. Und wir brauchen einen Topstürmer. Wir sind zwar Erster
geworden und haben die drittmeisten Tore geschossen, aber der beste Torschütze
von uns hat nur elf Tore geschossen. Und da sieht man schon, dass uns ein
Topstürmer abgegangen ist. Die beiden Positionen sind die wichtigsten,
vielleicht noch im zentralen Mittelfeld einen Chef.
unterhaus.at: Mit Sadat Hamzic hat man im Mittelfeld doch einen
Chef.
Pessler: Er ist kein Chef, weil er eigentlich ein ruhiger Spieler ist. Er ist
keiner der die Mannschaft verbal vorantreibt. Er ist zwar ganz wichtig für die
Mannschaft, aber er ist jetzt nicht so ein Spieler, der die Mannschaft coacht.
Darum wollten wir Andreas Weiss haben, aber der wollte zuerst nicht kommen.
Jetzt wäre er auf einmal schon wieder ein Thema.
unterhaus.at: In der Regionalliga ist der Blafon für Grünau
aber erreicht oder?
Pessler: Ich sage immer, man muss groß denken um Großes zu
erreichen. Wir müssen jetzt einmal schauen, wie sich alles entwickelt. Ich kann
jetzt nicht sagen: Wir wollen in die zweite Liga. Ich denke schon, dass man ein
Ziel haben sollte. Vielleicht können wir ja mal anklopfen. Ich will da jetzt
aber nicht zu weit reden, denn wenn es schlecht lauft in der Regionalliga, dann
bin ich im Winter Geschichte.
unterhaus.at: Jetzt ist eine anstrengende Saison zu Ende. Was machen Sie,
um Akkus in der kurzen Pause wieder aufzuladen?
Pessler: Jetzt fahre ich mit meiner Familie auf Urlaub. Ich
schalte das Handy aus, aber natürlich habe ich ein Fußballbuch mit. Und ich
werde mir schon Gedanken machen. Der Fußball ist einfach mein Leben. In dem ich
aber auch eine Arbeit, zwei Kinder und eine Frau habe. Ich freue mich eigentlich
jetzt schon wieder auf den Trainingsstart. Weil ich einfach weiß, wie wichtig
oder unwichtig Fußball ist. Vor zwei Jahren ist mein Vater plötzlich an einem
Herzinfarkt gestorben. Der hat sich noch so viel vorgenommen und plötzlich war
er weg. Für mich hat damals schon ein Umdenken stattgefunden, dass ich mich
frage: Was ist wichtig im Leben? Wichtig ist eigentlich nur die Gesundheit. Ich
gehe auch am Wochenende regelmäßig laufen, damit ich abschalten kann und ich
nehme mich einfach nicht zu wichtig. Ich bin ein Teil, aber ich bin nicht das
Wichtigste. Ich delegiere meine Co-Trainer. Ich glaube, dass ist das Geheimnis.
Ein Burn-out bekommt man, wenn man glaubt, dass man alles selber machen muss.
Quelle: unterhaus.at / Foto: WSU12